HME

Neben dem Tracheostoma und den finanziellen Problemen sind die pulmonalen Symptome (Husten Auswurf, Kurzatmigkeit, Atemnot) nach einer totalen Laryngektomie hauptverantwortlich für den Verlust an Lebensqualität betroffener Patienten.

Die pulmonalen Symptome entstehen durch den operativen Kurzschluss der oberen Atemwege (Nase, Nebenhöhlen, Rachen) bei der Anlage des Tracheostomas. Die Funktionen der Nase, das Anfeuchten, Erwärmen und Filtern der Atemluft entfällt ebenso, wie der nicht unerhebliche Atemwegswiderstand der oberen Atemwege der für die Entfaltung der Lungenbläschen wichtig ist. Ein funktionierender oberer Atemweg schafft es, fast unabhängig von den äußeren Bedingungen, die Atemluft bis zum Kehlkopfeingang auf 36-37°C anzuwärmen und die Luftfeuchtigkeit auf 100% zu steigern. Die Filtrationsleistung der Nase ist schwer zu quantifizieren. Dennoch hat jeder selbst nach einer staubigen Arbeit die Filtrationsleistung der Nase im Taschentuch bewundert. Wenn diese Vorbereitung (Konditionierung) der Atemluft wegfällt, bleibt dies nicht ohne Folgen für die Luftröhre, die Bronchien und schließlich die Lunge selbst.

Untersuchungen der Bronchialschleimhaut von maschinell beatmeten Patienten (bei denen der obere Atemweg durch den endotrachealen Tubus ebenfalls kurzgeschlossen ist) haben schon wenige Stunden nach Beatmungsbeginn mit Raumluft dramatische Schäden der Flimmerepithelien gezeigt. Die Flimmerepithelien reinigen dann die Atemwege nicht mehr ausreichend und es kommt zum Stau von Sekreten. Durch den Verlust von Feuchtigkeit werden die Sekrete zäher und das Abhusten fällt schwerer.

Bei der maschinellen Beatmung werden spezielle Filter (HME-A = Heat and Moisture Exchanger - Anästhesie) benutzt, welche die patienteneigene Wärme und Feuchtigkeit der Atemluft zurückhalten und so Schäden an der Bronchialschleimhaut verhindern.  

Wenn schon wenige Stunden künstlicher Beatmung mit Raumluft irreversible Schäden der Bronchialschleimhäute hinterlassen können, um wie viel wichtiger ist dann der Schutz der Bronchialschleimhäute eines Patienten mit Tracheostoma, der lebenslang auf das direkte Einatmen von unkonditionierter Raumluft angewiesen ist?

Der Schutz der Bronchien und der Lunge, die pulmonale Rehabilitation nach totaler Laryngektomie, ist das wichtigste Rehabilitationsziel des Kehlkopflosen überhaupt! Rein medizinisch betrachtet ist die pulmonale Rehabilitation wesentlich wichtiger als die sprachliche Rehabilitation, auch wenn die wenigsten Patienten dies so sehen.

Patienten die nicht direkt nach der Laryngektomie auch einer pulmonale Rehabilitation zugeführt werden, durchleben meist eine typische Entwicklung der pulmonalen Symptome. Zunächst wird direkt nach der Kehlkopfoperation der geringe Atemwegswiderstand bei der Atmung durch das Tracheostoma als angenehm empfunden. Schon bald wird ein auch nur geringfügig höherer Atemwegswiderstand, beispielsweise bei der Atmung durch einen HME als unangenehm empfunden. Deshalb sollte am besten direkt nach der Kehlkopfentferung noch im OP bereits ein HME auf das Tracheostoma aufgesetzt werden. Patienten entwickeln in der Folge eine chronische Bronchitis durch die kalte trockene Luft welche die Bronchien reizt und die Bronchialschleimhäute irreversibel schädigt. Typische Symptome sind häufiges Husten und Auswurf. Durch den reduzierten Atemwegswiderstand wird die Entstehung oder Verschlimmerung vorbestehender Lungenkrankheiten (COPD, Emphysem) begünstigt. Typische Symptome hierfür sind Atemnotzustände und Kurzatmigkeit. Sekundär führen die pulmonalen Symptome auch zu psychosozialen Symptomen wir Rückzug aus dem Sozialleben, Angst und Depression. Dieser Zusammenhang wurde in Studien eindeutig belegt.

Um die Entwicklung der pulmonalen und psychosozialen Symptome nach einer totalen Laryngektomie zu verhindern wurden neben den Stimmprothesen auch HMEs  für kehlkopflose Patienten entwickelt (HME-L = HME-für Laryngektomierte). Der konsequente Einsatz der HMEs führt nachweislich zu einer massiven Reduktion der pulmonalen und psychosozialen Symptome und wird uneingeschränkt empfohlen.
HME-Ls gibt es in vielen Formen und von vielen Herstellern. Objektive Vergleichstest ihrer Wirksamkeit sind nicht verfügbar. Deshalb gilt bisher: Jeder HME-L ist besser als kein HME-L!

HME-L arbeiten nach folgendem Prinzip:
Die Ausatemluft durchströmt den HME-L und gibt dabei Wärme und Feuchtigkeit an dem HME-L ab der diese speichert. Beim Einatmen wird der HME-L in der Gegenrichtig durchströmt. Er gibt nun die gespeicherte Wärme und Feuchtigkeit an die Einatemluft ab, die dabei erwärmt und angefeuchtet wird. 

Um einen HME-L effektiv zu nutzen muss er möglichst luftdicht am Tracheostoma befestigt werden da ansonsten Luft am HME-L vorbeiströmt und Wärme und Feuchtigkeit verloren geht. Deshalb passen die meisten HME-Ls auf einen 22 mm Konnektor, so dass sie an Trachealkanülen, Tracheostomapflastern und Tracheostomabuttons befestigt werden können.